"Man muss die Seele des Brotes verkaufen"
Paul Müller ist Südbrandenburgs erster Brotsommelier. In seiner Facharbeit ging es darum, Brot auf natürliche Weise haltbarer zu machen.
Normalsterbliche können vielleicht zehn verschiedene Brotsorten aufzählen. Der Laie unterscheidet zwischen dunklem und hellem Brot, zwischen Körner- und Mischbrot, zwischen Roggen-, Dinkel und Weizensorten. Dann hört es bei den meisten aber auch schon auf mit dem Wissen. Das deutsche Brotregister in Deutschland weist jedoch mehr als 3.200 Sorten auf. „Da lässt sich noch viel draus machen“, sagt sich Paul Müller.
Der 32-Jährige ist absoluter Fachmann in Sachen Brot. Dafür hat er ein dreiviertel Jahr lang an der Bäckerakademie in Weinheim (Baden-Württemberg) gebüffelt. Dort werden seit 2015 Brotsommeliers ausgebildet. Die Weiterbildung ist äußerst anspruchsvoll. So musste Paul Müller im Fach Sensorik zum Beispiel aus drei Bechern herausfinden, in welchem eine 1,5-prozentige Salzlösung ist. Die beiden anderen Becher hatten eine 2-prozentige Lösung. „Den Unterschied kann man heraus schmecken“, sagt der Brotexperte. „Dafür muss man seinen Geschmackssinn allerdings trainieren.
Neues Wissen
Seit Oktober ist Paul Müller der erste Brotsommelier in Südbrandenburg. Den Abschluss machte er mit der Note 1,6. Er war einer der Besten. 18 Teilnehmer aus ganz Deutschland besuchten den Kurs. Seine Projektarbeit umfasste 60 Seiten. „Es geht darum, neues Wissen zum Thema Brot beizutragen“, erzählt der bekennende Brotjunkie. Seine Ausgangsthese: Ist geräuchertes Brot länger genießbar, als Herkömmliches? Um den Nachweis anzutreten, tat er sich mit Fleischermeister Matthias Weiland aus Kirchhain zusammen. Dort wurden zwei verschiedene Roggenbrote mit unterschiedlichem Roggengehalt geräuchert und Proben an ein Labor geschickt.
„Die ersten Ergebnisse waren sehr ernüchternd“, beschreibt Paul Müller. 400 Euro kostet so ein Labortest. Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken, tat er sich nochmal mit dem Fleischermeister zusammen. Gemeinsam änderten sie das Verfahren und brachten den Test erfolgreich zu Ende. Ja, geräuchertes Brot ist haltbarer. Geschmacklich ist es allerdings etwas ganz Neues, was nicht jedem gefällt. Doch darum ging es nicht in der Arbeit.
Viele kreative Ideen
Der Bäckermeister arbeitet in der Bäckerei Dorn in Wahrenbrück (Elbe-Elster). Inhaber Stefan Dorn lässt viel Raum für kreatives Arbeiten und ist sehr stolz auf seinen Bäckermeister. Er selbst ist der Tortenspezialist im Handwerksunternehmen, fährt regelmäßig zur sächsischen Bäckerakademie nach Dresden, um sich weiterzubilden. Die Inspirationen, die er dort bekommt, versucht er dann auf die Region und seine Kunden herunter zu brechen. Was ist das Besondere an meiner Bäckerei? Warum sollten die Kunden bei mir kaufen? Diese Fragen versucht der 39-jährige Unternehmer immer wieder aufs Neue und mit neuen Produkten zu beantworten.
Stefan Dorn ist Inhaber in sechster Generation. 1883 wurde der Handwerksbetrieb bereits gegründet. Vielleicht auch schon eher, nachweisen kann man die Geschichte zumindest bis Ende des 19. Jahrhunderts. Seit 2015 sitzt Stefan Dorn am Ruder. „Jede Generation hatte ihr eigenen Herausforderungen und auch ihre ganz eigene Art und Weise, die Bäckerei zu führen“, sagt er. Rund 14 Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt. Stefan Dorn ist viel unterwegs, um neue Netzwerke zu knüpfen und sich mit Fachkollegen auszutauschen. „Aus den Gesprächen ziehe ich viele neue Ideen“, erklärt er.
Paul Müller ist für das Brotsortiment verantwortlich. Unter anderem stehen ein Curry-Kurkuma-Baguette, ein blaues Baguette – die Farbe wird aus aus Schmetterlingsblüten gewonnen – sowie ein Brot mit Senfkruste (Pauls Senfkruste) im Angebot. Als Brotsommelier kann Paul Müller die Kunden beraten, welcher Belag zum Beispiel auf welches Brot am besten passt oder was man dazu trinken sollte.
Gemeinsam mit seinem Chef will er sein Wissen an andere weitergeben. So gibt es die Idee eines Brotmarktes, wo viele regionale Bäckereien ihre Spezialitäten präsentieren. Schulkinder sollen zu gesundem Essen beraten werden. Dabei spielt Brot natürlich eine zentrale Rolle.
Doch erst einmal muss die Corona-Pandemie vorbei ziehen. Stefan Dorn ist optimistisch, dass sie diese Zeit gut überstehen werden.
Zum Thema Brotsommelier
18 geprüfte Brot-Sommeliers wurden beim letzten Kurs in Weinheim erfolgreich verabschiedet. In der Summe hat die Bundesakademie nun insgesamt 124 Brot-Sommeliers aus fünf Ländern erfolgreich ausgebildet, davon 115 aus Deutschland, 4 aus Österreich, 3 aus der Schweiz, 1 aus Südtirol (Italien) und 1 aus Norwegen.
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