Arbeitszeit
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Überstunden: Was ist erlaubt? Was nicht?

Kurzarbeiter, Teilzeitkräfte, Azubis: Wer darf wann Überstunden machen? Wie wird das bezahlt? Und wie sollte man das rechtlich regeln? Der Arbeitsrechts-Experte des Deutschen Handwerksblatts, Rechtsanwalt Christian Hrach, gibt einen Überblick.

Was sind Überstunden?

Unter Überstunden versteht die Rechtsprechung die mit "Wissen und Wollen" des Arbeitgebers gearbeiteten Zeiten außerhalb der für den Arbeitnehmer geltenden regelmäßigen Arbeitszeit. Welche regelmäßige Arbeitszeit für den Arbeitnehmer gilt, kann sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Ohne eine ausdrückliche Vereinbarung kann die geltende regelmäßige Arbeitszeit nur aus den äußeren Umständen ermittelt werden. Allein der Aufenthalt des Arbeitnehmers im Betrieb genügt aber nicht, um anzunehmen, dass er Überstunden geleistet hat. Der Arbeitgeber muss vielmehr diese Zeiten entweder anordnen oder in sonstiger Weise zum Ausdruck bringen, dass er sie zumindest duldet.



Unter welchen Voraussetzungen kann der Chef Überstunden anordnen?

Die rechtliche Grundlage für Überstunden kann sich ebenfalls aus den Vereinbarungen oder den Umständen ergeben, die normalerweise dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegen. Maßgeblich sind also auch hier die Bestimmungen in einem Tarif- oder Arbeitsvertrag, wobei die Handhabung in der Praxis eher großzügig ist.

Besondere Voraussetzungen gelten für schwerbehinderte und jugendliche Arbeitnehmer sowie bei Schwangeren und Auszubildenden (siehe hierzu unten mehr). Für diese Arbeitnehmergruppen sind jeweils besondere Schutzbestimmungen vorgesehen.



Sind entsprechende Vertragsklauseln immer wirksam?

Bloße Anordnungsbestimmungen in Einzelarbeitsverträgen müssen – anders als Abgeltungsklauseln (siehe dazu die nächste Frage) – keiner strengen richterlichen Kontrolle standhalten. Allerdings ist die Mitbestimmung des Betriebsrates zu beachten, wenn Überstunden gearbeitet werden sollen.



Müssen Überstunden bezahlt werden?

Auch bei Überstunden gilt der Grundsatz "Arbeit gegen Lohn". Arbeitnehmer können also grundsätzlich erwarten, für Überstunden bezahlt zu werden. Viele Tarifverträge enthalten eigene ausführliche Vergütungsregelungen, in denen etwa Zuschläge vorgesehen sind. In der Praxis sehen Arbeitsverträge häufig Abgeltungs- und Pauschalierungsklauseln vor. Diese Bestimmungen sind angesichts strenger Rechtsprechung fehleranfällig.

Unwirksam sind jedenfalls Klauseln, mit denen alle Überstunden pauschal mit dem Gehalt abgegolten sind. Der Arbeitnehmer muss nämlich bei der Unterschrift erkennen können, wie viele Stunden Arbeit er für seinen Lohn zu leisten hat. Das Bundesarbeitsgericht hat etwa in einem Fall von Vollzeitarbeit eine Abgeltung von 20 Überstunden im Arbeitsvertrag ausdrücklich als zulässig angesehen.

Der Arbeitnehmer kann bei einem Bruttogehalt über der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung West (derzeit: 6.900 Euro im Monat) objektiv die zusätzliche Vergütung von Überstunden nicht erwarten. Auch "echte" leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsrechts, etwa Betriebsleiter, bilden nach der Rechtsprechung eine besondere Ausnahmegruppe.



Was gilt bei Überstunden während der Kurzarbeit?

Überstunden und Kurzarbeit stehen zueinander im Widerspruch. Sie sind während der Kurzarbeit aus Sicht der Arbeitsagenturen nur zulässig, wenn plötzlich eine Arbeit anfällt, die dringend erledigt werden muss. Wer während der Kurzarbeit regelmäßig Überstunden anordnet, gefährdet die Zahlung des Kurzarbeitergeldes. Dieses setzt gerade einen Arbeitsausfall voraus. Überstunden sprechen hingegen für einen Mehrbedarf an Arbeitskraft.



Wie sieht es mit Überstunden bei Teilzeitarbeit aus?

Grundsätzlich gilt für Teilzeitbeschäftigte nichts anderes als bei Vollarbeit. Dies folgt schon aus dem gesetzlichen Diskriminierungsverbot. Tarifverträge sehen in der Regel Zuschläge für Überstunden erst vor, wenn die regelmäßige tarifliche oder arbeitsvertragliche Vollarbeitszeit überschritten wird. Das Bundesarbeitsgericht sieht aber in der Tendenz derartige Regelungen zunehmend als rechtswidrig an, weil Teilzeitkräfte nicht benachteiligt werden dürfen



Wann ist es erlaubt, Überstunden abzubauen?

Auch Freizeitausgleich zum Überstundenabbau bedarf einer Rechtsgrundlage, also wenigstens einer zulässigen Absprache zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Ohne rechtliche Grundlage müssen Überstunden zwingend vergütet werden. Die größtmögliche Flexibilität kann also mit Vertragsklauseln erreicht werden, die beide Alternativen ermöglichen. Den Beginn und den Zeitraum des Überstundenabbaus ordnet der Arbeitgeber oder der Vorgesetzte an. Um dem Arbeitnehmer Planungssicherheit zu verschaffen, darf die Ankündigung, dass Überstunden abgebaut werden sollen, nicht zu kurzfristig sein.



Können Überstunden verfallen?

Das Gesetz kennt zunächst keine Verfallfristen. In Tarif- oder Arbeitsverträgen können allerdings sogenannte "Ausschlussfristen" geregelt sein, nach deren Ablauf, beispielsweise nach drei oder sechs Monaten, jedenfalls tarif- oder arbeitsvertragliche Ansprüche entfallen. Wie alle Rechtsansprüche unterliegen zudem auch Ansprüche auf Überstundenvergütung oder Freizeitausgleich der Verjährung, wobei von der regelmäßigen Verjährungsfrist auszugehen ist. Diese beträgt drei Jahre.

Von "Verfall" wird in der Praxis auch häufig gesprochen, wenn Arbeitnehmer erkranken, während sie ihre Überstunden abfeiern. Denn anders als beim Zusammentreffen von Urlaubs- und Krankheitstagen, werden während der Krankheit abgebaute Überstunden nicht wieder gutgeschrieben.



Sind Überstunden steuerfrei, wenn sie ausgezahlt werden?

Überstunden sind bei der Lohnsteuer nur privilegiert, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nachts oder an einem Sonn- oder Feiertag gearbeitet hat. In den übrigen Fällen sind die Überstunden ganz normal zu versteuern.



Dürfen Auszubildende Überstunden machen?

Überstunden sind für Auszubildende nicht verboten. Das Gesetz regelt für sie aber, anders als im Arbeitsverhältnis, einen besonderen Anspruch auf entsprechende Vergütung oder Freizeitausgleich. Zusätzlich ist bei jugendlichen Auszubildenden zu beachten, dass Sie grundsätzlich täglich höchstens acht Stunden und wöchentlich höchstens 40 Stunden, einschließlich etwaiger Überstunden, beschäftigt werden dürfen.

Quelle: Anne Kieserling, Deutsches Handwerksblatt

 Tipp

Um die Arbeitsdauer zu flexibilisieren, sind transparente Überstundenklauseln und wirksam gestaltete Ausschlussfristenregelungen im Arbeitsvertrag anzuraten. Für den Überstundenausgleich sollte auf eine Gestaltung zurückgegriffen werden, die dem Arbeitgeber die Wahl vorbehält, entweder Vergütung zu zahlen oder Freizeit anzuordnen.



 Ansprechpartner

Anne Kathrin Selka Juristin HWK Cottbus

Anne-Kathrin Selka

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