Recht
geralt_pixabay

BAG zur Pfändung von Erschwerniszulagen

Arbeitnehmer, die an Sonn- oder Feiertagen oder nachts arbeiten, müssen keine Pfändung von Zulagen befürchten, die sie hierfür ausgezahlt bekommen. Andere Zulagen unterstehen demgegenüber nicht.  Dies urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG)  in seiner Entscheidung vom 23.08.2017 (Az. 10 AZR 859/16).

Hintergrund der Entscheidung

Die Klägerin ist bei der Beklagten, die Sozialstationen betreibt, als Hauspflegerin angestellt. Nach aufgehobenem Insolvenzverfahren war die Klägerin in der sog. Wohlverhaltensphase. In diesem Abschnitt wird die pfändbare Vergütung des Schuldners an einen Treuhänder abgetreten.

Die beklagte Arbeitgeberin führte von Mai 2015 bis März 2016 von der Nettovergütung der Frau den aus ihrer Sicht pfändbaren Anteil an den Treuhänder ab. Berücksichtigt wurden auch die an die Klägerin gezahlten tarifvertraglichen Zuschläge für Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht-, Samstags- und Vorfestarbeit. Hiergegen wehrte sich die Klägerin mit dem Argument, es handele sich bei den Zuschlägen um unpfändbare Erschwerniszulagen im Sinne von § 850a Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO). Danach sind Erschwerniszulagen, soweit diese nicht den Rahmen des Üblichen übersteigen, unpfändbar und hätten somit auch nicht an den Treuhänder weitergeleitet werden dürfen. Sie forderte von ihrer Arbeitgeberin Zahlung von insgesamt 1.144,91 Euro, die diese zu viel abgeführt habe. Vor dem Landesarbeitsgericht hatte sie damit Erfolg.

Urteil des BAG

Dies relativierte sich nun in der Revision, in der das BAG das Urteil aufhob. Die Vorinstanzen hätten zwar zutreffend angenommen, dass Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit Erschwerniszulagen im Sinne von § 850a Nr. 3 ZPO und deshalb unpfändbar seien, so das Gericht.

Der Gesetzgeber habe aber in § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) die Ausgleichspflichtigkeit von Nachtarbeit geregelt, da diese als besonders erschwerend bewertet wurde. Unter besonderem (sogar grundgesetzlich garantiertem) Schutz stehen auch Sonntage und gesetzliche Feiertage. An diesen Tagen besteht ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot nach § 9 Abs. 1 ArbZG. Insofern ist bei einer Beschäftigung an diesen Tagen von einer Erschwernis auszugehen.

Für Schicht-, Samstags- und Vorfestarbeit existiert demgegenüber keine entsprechende gesetzgeberische Wertung. Darüber hinaus dient die Sonderregelung des § 850a ZPO zwar dem Schuldnerschutz (Belassen des größten Teils des Nettoeinkommens als unpfändbar), die Gläubigerinteressen dürfen aber nicht außer Acht gelassen werden. Die in § 850a Nr. 3 ZPO geregelte Unpfändbarkeit von Erschwerniszulagen bedarf einer sachlichen Begrenzung.

Daher wurde die Forderung der Klägerin nur als teilweise gerechtfertigt angesehen. Die genaue Höhe des zu zahlenden Betrages muss nun im Wege weiterer Sachverhaltsaufklärung noch ermittelt werden.

Fazit

Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sollen dem Arbeitnehmer einen Ausgleich für die erschwerten Umstände der Arbeit an diesen Tagen gewähren und ihm daher auch im Falle einer Pfändung erhalten bleiben. Dies soll zumindest dann gelten, soweit sich diese im üblichen Rahmen halten. Andere Zulagen für erschwerte Arbeitsbedingungen sind dagegen grundsätzlich dem pfändbaren Einkommen zuzurechnen, wobei durchaus in Frage gestellt werden kann, weshalb z.B. Schichtarbeit keine besondere Erschwernis sein soll.

Anne-Kathrin Selka

Rechtsberaterin

Telefon 0355 7835-138

Telefax 0355 7835-285

selka--at--hwk-cottbus.de