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BAG zur Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen

Die Länge einer vereinbarten Probezeit, die der Gesamtdauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses entspricht, ist in der Regel unverhältnismäßig und damit unwirksam. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 05.12.2024 (Az.: 2 AZR 275/23).



Sachverhalt

Der Entscheidung lag der Fall eines Kfz-Meisters zugrunde, der von seinem Arbeitgeber, einem Autohaus, befristet für sechs Monate eingestellt wurde.

Im Arbeitsvertrag wurde sinngemäß Folgendes vereinbart:

  • Einstellung zum 1. September 2022, zunächst zur Probe bis zum 28. Februar 2024 (entspricht einem Zeitraum von sechs Monaten)
  • Ende des Probearbeitsverhältnis zum festgesetzten Termin, ohne dass es einer Kündigung bedarf
  • bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, soll dies unbefristet geschehen
  • beiderseitige Kündigungsmöglichkeit während der Probezeit mit einer Frist von zwei Wochen


Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der ersten zwei Monate unter Hinweis auf die Frist von zwei Wochen nach § 622 Abs. 3 BGB.

Mit der hiergegen erhobenen Klage stellte der Arbeitnehmer in Frage, ob und gegebenenfalls, wann die Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat.

Der Kläger vertrat die Auffassung, die Kündigung sei unwirksam, da im befristeten Arbeitsvertrag keine rechtlich wirksame Kündigungsmöglichkeit vereinbart worden sei. Außerdem stehe die vereinbarte Probezeit nicht im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit. Der beklagte Arbeitgeber habe keine hilfsweise Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausgesprochen, sodass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe.



Entscheidung

Nachdem sowohl in erster Instanz als auch durch das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen wurde, entscheid das BAG, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis zwar beendet hat, jedoch nicht mit der für Prozeitkündigungen geltenden verkürzten Frist von zwei Wochen gemäß § 622 Abs. 3 BGB. Vielmehr sahen die Richter die reguläre Frist für ordentliche Kündigungen nach § 622 Abs. 1 BGB für einschlägig an, da die vereinbarte Probezeit gegen § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) verstieß und somit nicht wirksam vereinbart wurde.

Exkurs: Der § 15 Abs. 3 TzBfG wurde nach den Vorgaben des entsprechend formulierten Art. 8 Abs. 2 S. 1 der europäischen Arbeitsbedingungen-Richtlinie den mit Wirkung zum 1. August 2022 neu gefasst. Dieser regelt seitdem, dass eine für ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbarte Probezeit „im Verhältnis" zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen muss. Weder in der Arbeitsbedingungen-Richtlinie noch im § 15 Abs. 3 TzBfG wird jedoch ausdrücklich geregelt, wann von einem angemessenen Verhältnis auszugehen ist.

Für das BAG lässt der Wortlaut des § 15 Abs. 3 TzBfG allein eine Auslegung dahingehend zu, dass die Probezeit - unabhängig von der Art der Tätigkeit - nur einen Teil der Befristung, nicht aber ihre gesamte Dauer umfassen kann. Dies war aber im Fall des Klägers das Problem. Das Gericht sieht daher kein Erfordernis die Probezeitdauer zur Befristungsdauer ins Verhältnis zu setzen, wenn beide gleich lang sein können. Diese Auslegung des § 15 Abs. 3 TzBfG stützt das BAG auf den Zweck einer Probezeitregelung. Der Zweck einer Probezeit besteht darin, beiden Vertragsparteien die Möglichkeit zu geben, die Eignung des Arbeitnehmers für die Stelle und die Zufriedenheit mit dem Arbeitsverhältnis zu prüfen. Wenn die Probezeit jedoch der Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses entspricht, wird dem Arbeitnehmer damit die Möglichkeit genommen, sich nach Ablauf der Probezeit im Arbeitsverhältnis zu bewähren. Dies widerspricht dem Sinn und Zweck einer Probezeit und stellt eine unverhältnismäßige Benachteiligung des Arbeitnehmers dar.

Ausgehend von diesen Maßgaben entschied das BAG, dass in dem Fall des Klägers eine zu lange Probezeit vereinbart wurde, was zur Unwirksamkeit der Vereinbarung und folglich zu einer fehlenden Probezeit führt. Demnach habe das Arbeitsverhältnis nur ordentlich nach § 622 Abs. 1 BGB mit der gesetzlichen Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder Letzten eines Monats gekündigt werden können.

 

Fazit

Für die Praxis bedeutet das Urteil, dass bei befristeten Arbeitsverträgen die Länge einer vereinbarten Probezeit genau zu prüfen ist. Diese muss in einem angemessenen Verhältnis zur Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses stehen.

Wann im Einzelfall von einer angemessenen Probezeitdauer auszugehen ist, war in dem entschiedenen Fall nicht relevant, weshalb sich das BAG nicht grundlegend hiermit auseinandersetzen musste. Auch in der juristischen Literatur wird diese Frage nicht einheitlich beurteilt. Als Orientierungsmaßstab können daher zumindest die allgemeinen Aussagen des Gerichts dienen, wonach die Angemessenheit einzelfallabhängig mit Blick auf die Dauer der Befristung, die Art der Tätigkeit sowie unter Berücksichtigung des Zwecks des § 15 Abs. 3 TzBfG überprüft werden muss.

Ansprechpartnerin

Anne-Kathrin Selka

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