Corona Warn App
Bundesregierung

Corona-Warn-App: Nicht nur von Arbeitsrechtlern kritisch beäugt und dennoch so wichtig

Eines der meist diskutierten Themen in den letzten Monaten war und ist immer noch die sog. Corona-Warn-App. Die Tracing-App soll die Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Kontakten und Infektionsketten unterstützen.

Wie funktioniert die App?

Mit dem Herunterladen der App wird eine verschlüsselte Identität (ID) des eigenen Handys erzeugt. Die jeweiligen Nutzerdaten werden dabei nur auf dem eigenen Handy gespeichert.

!! Derartige Tracing-Apps erfassen zwar Kontakte, aber keine persönliche Daten oder Standortdaten.

Nach Aktivierung der App erfolgt über die Bluetooth-Funktion werden andere in der Nähe befindlichen Geräte erkannt, auf denen die App ebenso installiert ist. Erfasst werden dabei nur Geräte, die 1,50 m oder weniger voneinander entfernt sind und die sich in dieser Entfernung mindestens 15 Minuten lang aufhalten, erst dann tauschen die Geräte individuell erzeugte IDs (Zahlencodes) aus.

!! Diese IDs erlauben keinen direkten Rückschluss auf die Person des Handybesitzers. Lediglich diese anonymisierten IDs werden für einen Zeitraum von 14 Tagen auf dem Handy gespeichert.

Wird einer der beteiligten Personen positiv auf eine Corona-Infektion getestet, kann sie ihre Daten über ein Tan-Verfahren in die App eingeben und die App, schickt einen Code an einen Server. Die Daten werden auf dem Server zwar zentral, aber als anonymisierte Listen gespeichert und nur Handys mit der Corona-App können diese Listen ggf. runterladen. Die verschlüsselte ID der infizierten Person wird an alle Geräte, deren ID im maßgeblichen Zeitraum gespeichert wurde, übermittelt und eine „Warnung“ versendet. Dieser Datenabgleich geschieht lokal auf dem eigenen Handy.

!! Insgesamt ist die App damit aus datenschutzrechtlicher Sicht unproblematisch.



Corona-Warn-App im Arbeitsalltag

Kritischer sehen es mittlerweile Arbeitsrechtler. Einige Fragen sollen hier aufgeworfen und – soweit es möglich ist – auch beantwortet werden. 

Dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter verpflichten, die neue Corona-Warn-App auf dem privaten Handy zu installieren und zu nutzen?

Ganz klar, nein!

Entscheidend für diese Antwort und Ausgangspunkt weiterer Fragestellungen sind im Wesentlichen 2 Grundsätze: Freiwilligkeit und Schutz der Privatsphäre!

Im Rahmen der Einführung der neuen Corona-Warn-App hat die Bundesregierung die grundlegende Entscheidung getroffen, dass jeder Handybesitzer sowohl über die Einrichtung der App als auch über die Nutzung (insbesondere die Weitergabe der Warnungen, die durch die App generiert werden) freiwillig entscheiden soll. Dies wäre nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber seine Mitarbeiter wirksam anweisen könnten, die App auf dem privaten Handy zu installieren und zu nutzen. Der Grundsatz der Freiwilligkeit wird also innerhalb des Arbeitsverhältnisses nicht außer Kraft gesetzt. Zudem greift hier direkt der zweite Grundsatz und folglich der Schutz der Privatsphäre. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich lediglich auf den beruflichen Bereich, das Privatleben der Arbeitnehmer ist grundsätzlich außen vor. Zudem steht das private Handy im Eigentum des Mitarbeiters und ist von der Einflussnahme des Arbeitgebers ausgeschlossen.

Kann der Arbeitgeber die Mitarbeiter verpflichten, die Corona-Warn-App auf dem Diensthandy zu installieren und zu nutzen?

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass bezüglich der Einzelheiten noch kein einheitliches Meinungsbild existiert.

Es gibt Stimmen, nach denen der Arbeitgeber pauschal die Installation und Nutzung der App auf einem dienstlichen Handy anordnen kann. Diese generelle Auffassung ist zu kurz gegriffen. Denn in Bezug auf die Benutzung eines Diensthandys bedarf es einer differenzierten Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls.

Wie schon angedeutet, kann zunächst zwischen der Installation der App auf dem Diensthandy und einer Verpflichtung zur tatsächlichen Nutzung unterschieden werden.  

Eine Pflicht zur Installation der App könnte der Arbeitgeber über eine entsprechende Weisung herbeiführen, jedenfalls dann, wenn man eine solche Weisung als wirksam ansehen würde. Dies wird wohl zu bejahen sein, da allein durch die Installation der App noch kein Eingriff in die Privatsphäre erfolgt, da ein Diensthandy nicht im Eigentum des Mitarbeiters steht und die Installation App datenschutzrechtlich unbedenklich ist. Allein der Aspekt der Freiwilligkeit ist in diesem Zusammenhang diskutabel.  

Im Ergebnis wird man diese durchaus streitbare Frage auch offen lassen können, da es eher praxisfern ist, dass ein Arbeitgeber lediglich die Installation der App auf dem Diensthandy anweist, ohne den Mitarbeiter zu deren Nutzung zu verpflichten. Vielmehr wird der Arbeitgeber seine Weisung eher so formulieren, dass die App auf dem Diensthandy zu nutzen ist, was denklogisch eine Installation voraussetzt. Spätestens an diesem Punkt, der die verpflichtende Nutzung beinhaltet, können sich verschiedene Fallgestaltungen ergeben, die gesondert zu entscheiden sind.

- Anweisung zur Nutzung der App während der Arbeitszeit

Wie schon erwähnt ist ein Diensthandy Eigentum des Arbeitgebers, so dass durchaus denkbar ist, dass die App unmittelbar vom Arbeitsgeber auf den Diensthandys installiert wird. Bei der App-Nutzung werden zwar weder Bewegungsprofile der Mitarbeiter erstellt, noch gibt die App personenbezogene Daten des Handynutzers frei, womit – zumindest während der Arbeitszeit – die Privatsphäre nicht betroffen sein wird. Die Anordnung einer verpflichtenden Nutzung ist allenfalls bei zwingenden Gründen möglich und zwar, wenn die App als Maßnahme quasi Alternativlos ist. Denn nur in solchen Fällen überwiegt das Interesse des Arbeitsgebers an einer Verhinderung einer Virusausbreitung im Unternehmen (und damit am effektiven Gesundheitsschutz), das Interesse des Arbeitnehmers am Schutz der Privatsphäre. Ferner ist die Freiwilligkeit der Nutzung diskutabel. Unter dem Druck einer Weisung des Arbeitsgebers wird diese wohl kaum zu bejahen sein.

- Anweisung zur Nutzung der App nach Feierabend

Grundsätzlich unzulässig. Wenn der Arbeitnehmer regelmäßig sein Diensthandy auch nach Beendigung der Arbeit mit sich führt, ist wieder die Privatsphäre des Mitarbeiters betroffen (s.o.) und es liegt ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters vor, wenn der Arbeitgeber die Weisung ausspricht, das Diensthandy angeschaltet zu lassen.

- Ausnahmen in bestimmten Branchen

Lediglich in Einzelfällen kann das Interesse des Arbeitgebers am effektiven Gesundheitsschutz, das Interesse der Arbeitnehmer am Schutz der Privatsphäre überwiegen und eine Verpflichtung zum dauerhaften Mitführen des Diensthandys gerechtfertigt sein, soweit kein gleich wirksames milderes Mittel vorhanden ist.

Dies ist unter Umständen in Gesundheitsberufen denkbar, bei denen die Gefahrgeneigtheit der Berufsausübung an sich sowie der Schutz von Patienten/Kunden als Kriterien zur Beurteilung der Zulässigkeit einer Arbeitgeberweisung heranzuziehen sind. Hier ist nämlich die Kenntnis über eine mögliche Corona-Infektion insbesondere entscheidend für den Schutz der anvertrauten Patienten. Eine verpflichtende Nutzung der App auf dem Diensthandy ist in diesem Bereich durchaus denkbar, wenn keine andere Alternative vorhanden ist.  

Wenn es sich aber um Mitarbeiter handelt, die im Homeoffice arbeiten, wäre eine Verpflichtung auch in den Gesundheitsberufen unzulässig, da eine Verbreitung im Unternehmen schon gar nicht zu befürchten wäre.

Nimmt man an, dass ein Mitarbeiter wirksam zur Nutzung der App auf seinem Diensthandy während Arbeitszeit verpflichtet werden kann, entsteht eine Folgefrage. Muss in Betrieben mit einem Betriebsrat, eine entsprechende Beteiligung erfolgen?

Ja, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats müssen gewahrt werden. Eine Verpflichtung zur Nutzung der App auf dem Diensthandy betrifft unter anderem das Verhalten des Mitarbeiters und die Ordnung des Betriebes, womit dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zusteht. Betrachtet man die Verwendung der App als technisches Mittel zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutzvorschriften, könnte zudem § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG einschlägig sein.

Ist der Arbeitnehmer verpflichtet dem Arbeitgeber über seine Krankheit oder einen Infektionsverdacht zu informieren?

Grundsätzlich nein!

Aber: Etwas anderes gilt, wenn die Information zwingend erforderlich ist, damit der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen für die übrigen Mitarbeiter ergreifen kann. In diesem Fall besteht eine Auskunftspflicht des Arbeitnehmers hinsichtlich einer Corona-Infektion bzw. eines Verdachts.

Auch an dies wird mit Blick auf die Freiwilligkeit der App-Nutzung kritisch gesehen. Eine Auskunftspflicht kann aber aus arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers abgeleitet werden. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer mittels der App oder auf anderem Wege erfährt, dass er Kontakt mit einem Corona-Infizierten hatte, muss er den Arbeitgeber darüber informieren. Dabei beschränkt sich die Auskunftspflicht auf diese Tatsache, Hintergründe müssen dem Arbeitgeber dagegen nicht mitgeteilt werden. 

Fazit: Alles in allem bleibt für Arbeitgeber kaum Raum, um eine verpflichtende Nutzung der Corona-App anzuordnen.

 Tipp:

  Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeiter zunächst über die Funktionsweise und das Ziel der Corona-App aufklären. Vor allem sollten datenschutzrechtliche Bedenken ausgeräumt werden.

  Die Nutzung der Corona-App sollte den Mitarbeitern ausdrücklich empfohlen werden.



 Hinweis

Dieser Beitrag soll nur einen ersten Überblick zur Problematik geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl er mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.



 Ansprechpartnerin

Anne Kathrin Selka Juristin HWK Cottbus

Anne-Kathrin Selka

Rechtsberaterin

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 So funktioniert die Warn App



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