Geschäftsbericht 2015
Tino Schulz

"Jede Krise ist gleichzeitig auch eine Chance."

Wer in der Politik etwas verändern will, muss Mehrheiten für seine Positionen organisieren. Das sagt Peter Dreißig. Der Bäckermeister führte die Handwerkskammer 20 Jahre von der Spitze. Im Interview blickt er auf die Zeit zurück.



Herr Peter Dreißig, während andere Kammern ihre Präsidenten verschlissen haben, führten Sie 20 Jahre erfolgreich die Handwerkskammer Cottbus. Was war Ihr Credo in all den Jahren?

Peter Dreißig: Hinter jedem Präsidenten muss ein starkes Unternehmen stehen. Das war immer mein Motto, denn nur aus einer Position der Stärke heraus kann man auf Augenhöhe mit den Entscheidern aus Politik und Wirtschaft verhandeln. Wenn Sie Lobbyarbeit betreiben wollen, dann muss ihr Betrieb das auch hergeben. In einem kleinen Unternehmen ginge das nur zu Lasten des eigenen Betriebes.

 

Apropos Entscheider: In ihrer Amtszeit haben Sie mit fünf verschiedenen Wirtschaftsministern und drei Ministerpräsidenten diskutiert und gestritten. Hätten Sie an so einen langen Zeitraum gedacht, als sie 2001 zum Präsidenten gewählt wurden?

Peter Dreißig: Überhaupt nicht. Es war auch nicht geplant. Werner Schröter wurde am 21. Juni 2001 zum Präsidenten, ich zum Vizepräsidenten gewählt. Kurz darauf geriet er ins öffentliche Kreuzfeuer, die Stimmung schlug um. Neuwahlen wurde angesetzt, aus denen ich dann am 29. November als Präsident hervorging.

 

Beschreiben Sie doch bitte mal die damalige Zeit. Welche Ausgangssituation hatten Sie?

Peter Dreißig: Wirtschaftlich war es eine extrem schwere Zeit. Die Konjunkturwerte sanken, das Wirtschaftswachstum in Brandenburg lag bei minus 1,7 Prozent. Wir hatten eine Arbeitslosigkeit von rund 17 Prozent. Viele qualifizierte Fachkräfte verließen mit ihren Familien die Region. Die Aussichten waren wirklich düster. Aber: Jede Krise ist gleichzeitig auch eine Chance. Und die wollten wir nutzen.

 

Welche Rolle spielte die Handwerkskammer Cottbus?

Peter Dreißig: Die Innungen, Kreishandwerkerschaften und die Handwerkskammer zogen damals nicht alle am selben Strang. Die einzelnen Organisationen arbeiteten zum Teil gegeneinander.  Das zu ändern war einer meiner ersten Amtshandlungen. Einigkeit ist wichtig und macht stark! Zerstrittene Wirtschaftsvertreter sind ein gefundenes Fressen für die Politik. Nach und nach wurden wir Handwerker zu einer Familie. Unsere Handwerkskammer hat sich mit dieser Philosophie einen guten Ruf in der Region erarbeitet. Wir sind für viele ein geschätzter Ansprechpartner.

 

Warum ist das aus Ihrer Sicht so wichtig?

Peter Dreißig: Politik akzeptiert Gesprächspartner und Lobbyisten, die glaubwürdig sind. Wir können doch nur etwas verändern, wenn wir im Gespräch bleiben, wenn wir unsere Anliegen und Wünsche nachdrücklich einfordern und wenn wir Mehrheiten für unsere Positionen organisieren. So funktioniert nun mal das System. Man muss es nicht mögen, aber man muss die Regeln akzeptieren und zu seinem Vorteil nutzen.

 

Was waren Projekte in Ihrer Amtszeit, die Ihnen besonders wichtig waren?

Peter Dreißig: Der Mangel an Lehrlingen hat mich fast die gesamte Zeit begleitet. Leider. Die Jugendlichen machen zum Teil einen großen Bogen um das Handwerk. Mit der bundesweiten Imagekampagne arbeiten wir aktiv dagegen an. Wir investieren viel Kraft und auch Geld in die Werbung von jungen Frauen und Männern. Es zahlt sich langsam aus. Wir haben in den letzten drei Jahren steigende Ausbildungszahlen. Das macht Hoffnung.

 

Warum ist die Ausbildung aus Ihrer Sicht so wichtig für das Handwerk?

Peter Dreißig: Die Ausbildung im Handwerk ist das Fundament, auf dem alles aufbaut. Ohne Lehrlinge kein Meister, ohne Meister keine Unternehmensnachfolger. Mehr als 2.000 Betriebe stehen in den kommenden Jahren zur Übergabe an. Damit verbunden sind rund 1,4 Milliarden Euro Umsatz und 10.000 Arbeitsplätze. Wir müssen es schaffen, dass die Unternehmen, die übergabefähig sind, auch einen Nachfolger finden. Die Handwerkskammer Cottbus ist dabei ein kompetenter Ansprechpartner, der seine Mitglieder unterstützt und berät.

 

Stichwort Handwerkskammer: Wie hat sich die Organisation unter Ihrer Ägide verändert?

Peter Dreißig: Gemeinsam mit den Mitarbeitern haben wir es geschafft, die Handwerkskammer Cottbus von einer Behörde zu dem Dienstleister Nummer 1 für das Lausitzer Handwerk aufzubauen. Der Weg dorthin war nicht immer leicht, der eine oder andere hat vielleicht gestöhnt, wenn ich am Freitagnachmittag noch mal einen Auftrag hatte. Aber das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Im Vergleich zu anderen Kammern sind wir ein gut aufgestelltes Haus, das sich den Sorgen und Nöten der Handwerksbetriebe annimmt und zu jeder Zeit versucht, die besten Lösungen zu erreichen.

Besonders stolz bin ich darauf, dass die Handwerkskammer mit dem modernen Kundenzentrum und der faktischen Rundum-Erreichbarkeit über die sozialen Medien die Dienstleistungen für das Handwerk erheblich ausgeweitet haben. Die Handwerkskammer ist nicht von Gott gegeben. Sie ist Dienstleister und Interessenvertreter für das Handwerk. Das soll sie auch bleiben.

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Porträt Peter Dreißig Präsident der Handwerkskammer Cottbus
HWK Cottbus





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