
Stammtisch zu Drohnen im Handwerk
Sie sind klein, relativ leicht und flexibel einsetzbar, deshalb sind Drohnen theoretisch für viele Branchen im Handwerk interessant. Weil aber noch kaum ein Betrieb in der Region Drohnen benutzt, will die Handwerkskammer mit einem Info-Abend etwas nachhelfen.
Eigentlich wollte Thomas Rosenthal unter freiem Himmel zeigen, wie die Zukunft des Handwerks aussieht. Man hatte extra einen Wildauer Sportplatz dafür gemietet, aber dann fing es an zu regnen, und die Zukunft ist leider etwas wetteranfällig.
Deshalb steht Rosenthal an diesem Abend im Sportlerheim vor zehn Schornsteinfegern, Klempnern und Maurern, wirft Bilder an die Wand, hält Fernbedienungen und Flugobjekte in die Höhe und erzählt wortreich davon, was Drohnen alles können, und was man beim Umgang oft schief geht. Das könne einiges sein, sagt er: aufgebrachte Anwohner, leere Akkus, unvermittelte Abstürze. Dann hält er einen verkrüppelten Propeller in die Höhe. „Mit dem Ding habe ich letztens eine Oberleitung rasiert. Anfängerfehler.“ Hätte ihn fast 2000 Euro gekostet.
Thomas Rosenthal ist Fotograf aus Berlin, sein Spezialgebiet sind Drohnen. Er arbeitet seit etwa fünf Jahren mit ihnen, erstellt damit Luftaufnahmen und dreht Imagefilme mit eindrucksvollen Kamerafahrten über Seen, Wälder und Firmengebäude. Aber um die künstlerische Qualität seiner Werke geht es heute weniger. Die Handwerkskammer hat ihn eingeladen, damit er interessierten Mitgliedern die Grundlagen nahebringt. Drohnen für Ahnungslose könnte das Motto lauten.
Tatsächlich habe sich bisher kaum ein Handwerker in der Region ernsthaft mit dem Thema beschäftigt, „Dabei ist das die Zukunft“, sagt Heiko Vesper, der Digitalbeauftragte der Handwerkskammer Cottbus. Etwa eine 500 000 Drohnen fliegen schon in Deutschland. Die Industrie schwört auf die Quattro-, Octo- und Sonstwievielcopter, andernorts inspizieren auch schon Dachdecker per Drohne Schäden an Kirchtürmen oder auf hohen Gebäuden, andere Einsatzgebiete werden längst getestet. Schädlingsbekämpfung, Düngung, 3D-Vermessung, Inspektionsflüge an Brücken, Energieanlagen, Fassaden oder Schlote, Infrarot-Aufnahmen von Gebäuden, Photovoltaikwartung. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig. Man muss nur wissen, wie es geht.
Lieber erstmal Spielzeug-Drohne
Referent Rosenthal erklärt es geduldig, lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass die Technik zwar flexibel einsetzbar ist, aber auch Tücken und Risiken mit sich bringt. Der Betrieb bei Hitze und Kälte sei schwierig, bei Schnee, Regen und Nebel gänzlich unmöglich, und selbst bei bestem Wetter müsse man sich an die Steuerung auch erst gewöhnen. „Kaufen Sie sich lieber erstmal für 100 Euro ein Spielzeug und üben sie damit im Wohnzimmer“, sagt er. Denn die für den professionellen Einsatz interessanten Drohnen liegen schnell im fünfstelligen Euro-Bereich und ein Absturz führt meistens zum Totalschaden.
Oder, wenn es noch schlimmer kommt, zu Schäden an anderen Dingen oder gar Personen. Das lasse ihn auch skeptisch werden, wenn es um den Einsatz von Transportdrohnen geht, sagt Rosenthal. „Ich sehe das nicht in den nächsten zehn Jahren.“ Eine solche Drohne wiege mehrere Kilo – ohne Transportgut. Wenn ein solches Teil vom Himmel fällt, kann es Tote geben. „In Deutschland, wo man keine Baustelle ohne Helm betreten darf, wird das nicht funktionieren“, prognostiziert Rosenthal.
Überhaupt, die Regeln. Rosenthal zählt einige auf: Sicherheitsabstände zu Straßen, Schienen, Flughäfen, Krankenhäusern und Menschenmengen. Persönlichkeitsrechte. Eine Aufstiegserlaubnis muss beantragt werden. Außerdem braucht es ab 1. Oktober für Drohnen über zwei Kilo auch noch einen Drohnen-Führerschein.
Extra Versicherung erforderlich
Und was er weglässt, bespricht der folgende Referent dafür um so länger: die Versicherung. Drohnen seien zwar im weitesten Sinne Werkzeuge, sie müssen aber extra versichert werden, was sich bei den Betrieben noch nicht herumgesprochen habe, sagt Stephan Rimkus von der Signal Iduna. „Das wird noch ein böses Erwachen geben.“
Der gesamten Branche bleibe aber bei allen Risiken wenig übrig, als sich auf die Technik einzulassen. „Wir haben erst seit zwei Monaten einen Drohnentarif, uns fehlen noch viele Erfahrungswerte. Aber wir müssen das jetzt anbieten“, sagte Rimkus in die Runde. „Ich garantiere Ihnen, in einem Jahr haben Sie alle eine Drohne.“
Ganz so zuversichtlich waren die anwesenden Handwerker dann aber doch nicht. „Interessant, aber ich wüsste nicht wofür“, sagt ein Schornsteinfeger. „Für uns nicht sinnvoll“, sagt ein Installateur.
Einer aber ist ganz angetan. Oliver Haim ist Geschäftsführer der Kagelmann Bau GmbH, die Industrieschornsteine begutachtet, saniert und baut. „Wir steigen dafür auf Schornsteine, die 70, 80 Meter hoch und stark beschädigt sind. Das ist gefährlich“, sagt Haim. Er habe deshalb schon länger über die Anschaffung einer Drohne nachgedacht, die schneller aufsteigen und dank spezieller Software auch genauer messen kann.
Schneller und effizienter
Der Abend habe ihn nun noch bestärkt: Die Drohne soll kommen, und zwar bald. „Wir wollen möglichst noch in diesem Sommer mit Drohnen arbeiten. Das macht uns schneller und effizienter“, sagt er. Wichtig sei erst einmal die Kamera, später könne man auch darüber nachdenken, ob eine Drohne nicht auch die Sicherungstechnik für die Kletterer nach oben bringen kann, was dem ersten Kletterer die Arbeit erleichtern würde. „Aber das sind noch Visionen“, sagt Haim.
Am Ende lässt Thomas Rosenthal dann doch noch eine Drohne steigen: auf etwa einen Meter Höhe, direkt vor dem Tresen.
Und Heiko Vesper zieht ein positives Fazit. „Es war klar, dass man nicht alle überzeugt, aber es ist wichtig, die Unternehmer an das Thema heranzuführen. Irgendwann kommt es auf sie zu, und dann haben sie zumindest schon einmal etwas davon gehört.“
Quelle: Oliver Fischer, Märkische Allgemeine