Senftenberg Stadthafen B¿rgermeister Andreas Fredrich (SPD)
Stadt Senftenberg

Senftenbergs Bürgermeister Andreas Fredrich (SPD) im GesprächInterview: Das Vergabeverfahren muss vereinfacht werden!

Das Handwerk war und ist ein wichtiger Bestandteil der Senftenberger Wirtschaft. Im Interview mit dem Deutschen Handwerksblatt (DHB) sagt Bürgermeister Andreas Fredrich (SPD), wie er die Unternehmen unterstützen will und was aus seiner Sicht schief läuft.

DHB: Herr Fredrich, Sie werben auf der Internetseite der Stadt Senftenberg mit dem Slogan „24-Stunden Wirtschaftsförderung“. Wenn ich also früh um 2 Uhr die Nummer wähle, dann...?

Fredrich: Geht auch jemand ran. Das wurde auch schon getestet (schmunzelt). Im Ernst: Wir wollen so nah wie möglich an den Unternehmen dran sein. Und dazu zählt auch die Erreichbarkeit.

DHB: Worauf kommt es bei der Wirtschaftsförderung in einer Stadt wie Senftenberg an?

Fredrich: Entscheidungen zum Beispiel über eine Ansiedlung müssen schnell und unbürokratisch begleitet werden. Und sie müssen verlässlich sein.  Das können wir gut in Zusammenarbeit mit dem Landkreis, der die klassische Baubehörde ist. Wenn es ein Interesse gibt, regeln wir das auf kurzem Weg. Wir stellen Kontakte her, knüpfen neue Netzwerke und versuchen, den Unternehmern so viel Arbeit wie möglich abzunehmen und das schnell.

DHB: 2016 haben Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen mit einem dicken Plus abgeschnitten. Wie läuft es wirtschaftlich in Senftenberg?

Fredrich: Wir hatten im letzten Jahr wieder einen Zuwachs von Arbeitsplätzen in der Stadt. Seit 2008 wurden 1.300 neue Jobs geschaffen. Ein Teil davon ist im touristischen Bereich entstanden, der hier im Lausitzer Seenland enorme Wachstumsraten vorweist. Davon profitiert Senftenberg. So stiegen die Übernachtungszahlen im Stadtgebiet von 2008 bis 2016 von 135.000 auf 325.000. Die Werte sind nur bezogen auf Betriebe mit über neun Betten, nur sie werden statistisch erfasst.

Das Hauptstandbein jedoch ist die klassische gewerbliche Wirtschaft. Auch dort sind viele neue Arbeitsplätze entstanden. Wir haben größere aber auch jede Menge kleinere Unternehmen. Darunter sind viele, die jetzt 25 Jahre am Markt sind. Da merkt man, welche Kraft und Leidenschaft hinter dem Handeln steckt.

DHB: Welche Rolle spielt das Handwerk für die Stadt Senftenberg?

Fredrich: Das Handwerk war und ist ein wichtiger Bestandteil der Senftenberger Wirtschaft. Wir setzen innerhalb des gesetzlichen Rahmens alles daran, dass so viele Aufträge wie möglich in der Region bleiben. Dafür haben wir vor einigen Jahren das Vergabeverfahren umgestellt von Generalauftragnehmer auf Einzellosvergabe. Das macht zwar mehr Arbeit für die Verwaltung, zahlt sich aber letztlich aus.

DHB: Mit welchem Ergebnis?

Fredrich: Knapp die Hälfte aller Aufträge in 2016 sind bei Senftenberger Handwerksbetrieben oder Unternehmen aus dem Regionalen Wachstumskern (Umland) geblieben. Das ist ein guter Wert, der aber noch Luft nach oben hat. Deshalb werben wir dafür, sich ins Bieterverzeichnis der Stadt einzutragen. Auf dieses wird bei Auftragsvergaben an die Wirtschaft im Rahmen der Freihändigen Vergabe und der Beschränkten Ausschreibung zurückgegriffen. Mit der Eintragung erhöhen die Firmen ihre Chancen, öffentliche Aufträge zu erhalten. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 99 Aufträge mit einem Gesamtwert von rund 1,7 Millionen Euro über Freihändige Vergaben und Beschränkte Ausschreibungen erteilt. Zu Beginn eines jeden Jahres lege ich vor den Handwerkern Rechenschaft über alle städtischen Auftragsvergaben ab.

DHB: Apropos Vergabe. Vor allem kleinere Betriebe klagen über zu komplexe Verfahren und Unterlagen. Wie stellt sich die Situation für Sie dar?

Fredrich: Die Vergabeverfahren europaweit und in Deutschland sind zu kompliziert. Sie müssen vereinfacht werden. Der Verwaltungsaufwand ist riesig, auch für kleinere Sachen. Da stehen die Arbeitszeitminuten in keinem Verhältnis zur Auftragssumme. Ich bin ein Freund von öffentlicher Ausschreibung. Das hat mit Transparenz zu tun. Wir sind aber kaum noch in der Lage, rechtssicherere Vergabeverfahren durchzuführen. So kann es nicht bleiben! Das muss sich ändern.

DHB: Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries sagt, es gebe nur deshalb so viel Bürokratie, weil so viele Leute versuchen, den Staat zu bescheißen. Auf der anderen Seite bleiben Fördermittel liegen, weil kein Unternehmen angesichts des Aufwandes Interesse hat? Gibt es einen goldenen Mittelweg?

Fredrich: Klar ist, man muss die Bürokratie zurückschrauben – besonders für kleine und mittlere Firmen. Wenn Unternehmen, die sich jahrelang am Markt behaupten, seitenweise Anträge schreiben müssen, um 5.000 Euro zu bekommen, dann machten sie das nicht. Klar ist aber auch: Je weniger Bürokratie, umso weniger Kontrolle und Absicherung hat man. Wenn eine Behörde Fördermittel ausgereicht, und dann geht etwas schief, gibt es einen Riesenaufschrei in den Medien mit Kritik an der Behörde. Bürokratie ist also immer auch eine Sache der Abwägung.  Das Interview führte Michel Havasi



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Strukturwandel: Es ist richtig, dass die Lausitz länder- und kreisübergreifend vermarktet wird. Da geht es um inhaltliche Arbeit, um strategische Überlegungen. Das geht überregional besser. Daneben wird es die Wirtschaftsförderung vor Ort immer geben. Zum einen aus dem Bereich Bestandspflege, zum anderen aus dem Bereich Ansiedlung. Das geht nur vor Ort. Wir haben die Grundstücke, die Bebauungspläne und die rechtliche Hoheit.

Handwerkerparkkarte: Den dringlichen Wunsch der Handwerker nach einer Parkkarte – vor allem für die weiträumig vom motorisierten Verkehr frei gehaltene Senftenberger Innenstadt – unterstützt die Stadt mit aller Kraft. Wir wollen das Projekt starten. Städte wie Sömmerda und Solingen haben das Sonderparkrecht, das auch die Brandenburger Verkehrsbehörden erlauben können, mit Erfolg eingeführt.

Michel Havasi

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