Kentzler fordert Belastungsmoratorium

"Vier Jahre keine höheren Steuern und Abgaben!" Das fordert ZDH-Präsident Otto Kentzler im Interview mit der Passauer Neuen Presse (8. März 2013). "Steuererhöhungen sind Gift für die Wirtschaft", betonte Kentzler vor dem Spitzengespräch der Wirtschaft mit Bundeskanbzlerin Angela Merkel auf der Internationalen Hamndwerksmesse in München.

Die konjunkturellen Signale sind sehr widersprüchlich - wird 2013 für das Handwerk ein gutes Jahr?

Kentzler: Das Handwerk ist sehr zuversichtlich – trotz sinkender Umsatzzahlen. Wir gehen davon aus, dass die Beschäftigung auch in diesem Jahr stabil bei 5,2 Millionen bleibt. Obwohl viele Ältere in den Ruhestand und wir längst nicht alle vorhandenen Lehrstellen besetzen können.

Zur Handwerksmesse in München treffen sich die Spitzen der deutschen Wirtschaft wieder zum Gespräch mit der Bundeskanzlerin: Was sind im Wahljahr die wichtigsten Forderungen an Angela Merkel?

Kentzler: Wir benötigen eine stabilen Euro und solide Haushalte. Das Beispiel Italien zeigt doch, dass man eine große Volkswirtschaft mit Populismus allein nicht durch die Krise bringen kann. Frau Merkel hat entscheidend dazu beigetragen, dass sich Europa neue Fiskalstrukturen gegeben hat. Dieser Weg der Solidität muss dringend weitergegangen werden.

Wer Haushaltsdisziplin will und dennoch zusätzliche Ausgaben plant, benötigt höhere Einnahmen. SPD, Grüne und Linke ziehen ganz offen mit der Forderung nach Steuererhöhungen in den Bundestagswahlkampf. Wie beurteilt das Handwerk diese Pläne?

Kentzler: Steuererhöhungen sind Gift für unsere Wirtschaft. Ich kann nur davor warnen, im Bundestagswahlkampf Neiddebatten zu führen. Wir haben immer noch Rekordsteuereinnahmen. Der Staat lebt über seine Verhältnisse. Ein Handwerksbetrieb, bei dem Einnahmen und Kosten nicht im Lot sind, kann auch nicht einfach die Preise erhöhen. Er muss seine Strukturen überdenken.

Was bedeutet das konkret?

Kentzler: Nach der Bundestagswahl sollte es ein Belastungsmoratorium geben. Das bedeutet zunächst einmal: Vier Jahre lang keine höheren Steuern und Abgaben. Es darf auch keine heimlichen Steuererhöhungen mehr über die kalte Progression geben. Es kann nicht sein, dass der Staat bei Lohnerhöhungen abkassiert und hohe Zusatzeinnahmen verbucht. Schwarz-Gelb hatte hier Abhilfe versprochen und ist im Bundesrat gescheitert.

Thema Energiewende: Die Bundesregierung will eine Strompreis-Bremse und die Ökostromerzeuger zur Kasse bitten. Kritiker warnen vor einem Abwürgen der Energiewende. Sehen Sie diese Gefahr auch?

Kentzler: Es ist vernünftig, das Ausbautempo zu drosseln. Was soll ich mit Strom, der nicht benötigt wird? Die Vorschläge von Herrn Altmaier sind als Zwischenlösung völlig in Ordnung. Nach der Wahl muss jedoch eine grundlegende Reform des EEG umgesetzt werden. Viele Handwerksbetriebe leiden unter den hohen Strompreisen. Die Kosten der Energiewende machen nicht nur der Industrie schwer zu schaffen, sondern auch dem Handwerk – zum Beispiel den Textilreinigungen, Großwäschereien und Galvaniseuren.

Viele Handwerksfirmen klagen über die schlechte Zahlungsmoral ihrer Kunden. Nun plant die EU neue Vorgaben. Was versprechen Sie sich davon?

Kentzler: Wir sind bestürzt darüber, dass die nationale Umsetzung der Vorgaben aus Brüssel das Kind mit dem Bade ausschüttet. Die EU verlangt eine Zahlungsfrist von bis zu 60 Tagen und eine Abnahmefrist von 30 Tagen. Darauf dürfen wir uns nicht einlassen! Es wäre eine offene Einladung, Zahlungen hinaus zu schieben und würde zu einer massiven Benachteiligung des Handwerks führen. Denn in Deutschland gilt: Abnahme und Zahlungen sind sofort fällig.

 

Interview: Rasmus Buchsteiner