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Unzulässige Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld durch Änderungskündigung

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass eine Änderungskündigung, mit der ein Arbeitgeber, aufgrund des seit 1. Januar 2015 geltenden gesetzlichen Mindestlohns, ein bisher zusätzlich zu einem Stundenlohn unterhalb des Mindestlohns gezahltes Urlaubs- und Weihnachtsgeld streichen will, unwirksam ist.

In den zu entscheidenden Fällen hatten die Parteien arbeitsvertraglich geregelt, dass neben dem Stundenlohn eine von der Betriebszugehörigkeit abhängige Sonderzahlung zum Jahresende in Höhe eines halben Monatsgehalts, zum Teil mit Kürzungsmöglichkeiten im Krankheitsfall, sowie ein zusätzliches Urlaubsgeld für die Zeit gewährten Urlaubs und eine Leistungszulage gezahlt wird. Durch eine Änderungskündigung sollten diese Leistungen gestrichen und stattdessen ein Stundenlohn in Höhe des Mindestlohns bzw. ein geringfügig darüber liegender Lohn gezahlt werden.

Den gegen die Änderungskündigungen gerichteten Klagen gaben die Berliner Richter im Wesentlichen statt. Jedenfalls bei dem zusätzlichen Urlaubsgeld, je nach Vertragsgestaltung auch bei der Sonderzuwendung, handelt es sich um Leistungen, die nicht im engeren Sinn der Bezahlung der Arbeitsleistung dienen, sondern eine zusätzliche Prämie darstellen. Zahlungen dieser Art sollen den Arbeitnehmern neben der Vergütung zustehen und können nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. Die Streichung dieser Leistungen durch eine Änderungskündigung setzt voraus, dass der Fortbestand des Betriebes mit den vorhandenen Arbeitsplätzen gefährdet ist, was in den entschiedenen Fällen nicht festgestellt werden konnte.

In einem darüber hinaus auf Zahlung einer Leistungszulage gerichteten Verfahren hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass diese kann im vorliegenden Fall auf den Mindestlohn angerechnet werden kann und nicht zusätzlich zum Mindestlohn zu zahlen ist.

Entscheidungen des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg:
Urteil vom 11.08.2015 - auch zur Anrechnung einer Leistungszulage - Az. 19 Sa 819/15,
19 Sa 827/15, 19 Sa 1156/15
Urteil vom 25.09.2015, Az. 8 Sa 677/15
Urteile vom 02.10.2015, Az. 9 Sa 570/15 und 9 Sa 569/15, 9 Sa 591/15, 9 Sa 1727/15

Fazit: Diese Entscheidungen verdeutlichen, dass es für die Anrechenbarkeit von Vergütungsbestandteilen auf den gesetzlichen Mindestlohn auf die Zwecksetzung der jeweiligen Leistungen des Arbeitgebers ankommt. Der gesetzliche Mindestlohn hat den Zweck, die "normale" Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu vergüten. Aus diesem Grund darf der Arbeitgeber Leistungen, die nicht diesem Zweck dienen, auch nicht auf den Mindestlohn anrechnen (z. B. Urlaubsgeld). Leistungszulagen stehen dagegen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, weshalb eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich ist.

Die betriebliche Praxis muss also bei der Anrechnung von Vergütungsbestandteilen die größte Sorgfalt walten lassen.

Anne Kathrin Selka Juristin HWK Cottbus

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