Bau Vertragsrecht
HWK Cottbus

Wann Handwerker Vertragsstrafen wegen Verzug bezahlen müssen

Handwerker werden in Verträgen von Auftraggebern immer wieder mit Regelungen über Vertragsstrafen, insbesondere bei Verzug ihrer Leistungen, konfrontiert. Doch wann muss ein Handwerker diese Strafen bezahlen und wann kann und sollte er sich dagegen wehren?

Eine solche Vertragsstrafenklausel hat zum einen den Zweck, Druck auf den Handwerker auszuüben, die Leistung rechtzeitig, d.h. innerhalb der vereinbarten Fristen zu erfüllen. Zum anderen zielt eine solche Regelung auch darauf ab, einenZahlungsanspruch zu erhalten, ohne einen konkreten, hierdurch entstandenen Schaden nachweisen zu müssen, wie die Deutsche Handwerkszeitung schreibt.

Bau- und Werkvertrag: Vereinbarung darf nicht sittenwidrig sein 

Besteht ein Auftraggeber auf der Vereinbarung einer Vertragsstrafe und schließt der Handwerker den Bau- und Werkvertrag, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Handwerker zur Zahlung der Vertragsstraße verpflichtet ist.

Zunächst muss ein wirksames Vertragsstrafenversprechen vorliegen. Die Vereinbarung darf insbesondere nicht sittenwidrig sein. Sittenwidrigkeit liegt insbesondere vor, wenn die Vertragsstrafe eine unangemessene und völlig übersetzte Bevorzugung der Interessen des Auftraggebers darstellt – beispielsweise bei einer Vereinbarung einer Vertragsstrafe von 75.000 Euro, die bereits mit einem Tag der Fristüberschreitung verwirkt ist und zudem dann anfällt, wenn nur noch ein einziger, unbedeutender Mangel vorhanden ist.

Höhe der Vertragsstrafe ist in AGB zu begrenzen

Handelt es sich bei einer Vertragsstraf-Klausel um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Auftraggebers ist die Klausel unwirksam, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung für den Handwerker darstellt. Im Gegensatz zur Sittenwidrigkeit genügt für die Unangemessenheit der Benachteiligung, dass die Höhe der Strafe bestimmte Grenzen überschreitet. Danach werden jedenfalls Vertragsstrafen von 0,5 Prozent und mehr der Netto-Auftragssumme pro Tag als unwirksam angesehen. Tagessätze von 0,2 bis ca. 0,3 Prozent werden jedoch überwiegend als wirksam angesehen.

Auch Vertragsstrafenklauseln, die dies berücksichtigen sind jedoch unwirksam, wenn die Vertragsstrafe in ihrer Gesamthöhe nicht auf maximal fünf Prozent der Auftragssumme begrenzt wird. Ferner liegt grundsätzlich eine unverhältnismäßige Ausgestaltung der Vertragsstrafe vor, wenn die Zahlungsverpflichtung nicht den Verzug – also insbesondere ein Verschulden – des Handwerkers mit der betreffenden Leistungspflicht voraussetzt.

Besonders streng sind die Anforderungen an eine Vertragsstrafe für Zwischenfristen. So muss in diesen Fällen bei der Ausgestaltung insbesondere auch darauf geachtet werden, dass nicht an den vollen Auftragswert, sondern nur an den anteiligen Auftragswert angeknüpft wird. Anderenfalls ist die Vertragsstrafe zumindest hinsichtlich der Zwischenfristen unwirksam. Ebenfalls kann es zu einer Unwirksamkeit kommen, wenn sich die Vertragsstrafen für Zwischenfristen aufsummieren und auch zusätzlich die Vertragsstrafe für die verspätete Fertigstellung hinzugerechnet werden kann.

Wann ist eine Vertragsstrafe wegen Verzugs verwirkt?

Die Vertragsstrafe ist verwirkt, wenn der Handwerker mit der Erfüllung der Leistungspflicht, die Gegenstand der Vertragsstrafeklausel ist, in Verzug kommt, also eine vertragsstrafenbewehrte Fertigstellungs- und/oder Zwischenfrist schuldhaft nicht einhält. Haben die Parteien beispielsweise vereinbart, dass der Kellerbauer den Keller bis zu einer bestimmten Zeit fertiggestellt haben muss, tritt Verzug ein, wenn nach Ablauf der Zeit die Kellerarbeiten noch nicht beendet sind und der Kellerbauer die Verspätung auch verschuldet hat.

Allein die Vereinbarung der VOB/B führt an sich nicht dazu, dass eine Vertragsstrafe gilt; die Vertragsstrafe muss also auch bei Vereinbarung der VOB/B ausdrücklich vereinbart werden. Die VOB/B enthält in § 11 jedoch nähere Bestimmungen zu Vertragsstrafen, die die vorgenannten Grundsätze ergänzen.

Was sind denkbare Einwände des Handwerkers gegen eine behauptete Verwirkung einer Vertragsstrafe?

Häufig behaupten Auftraggeber, spätestens bei der Schlusszahlung, dass eine Vertragsstrafe verwirkt sei. Insbesondere folgende Einwände des Handwerkers kommen in diesen Fällen in Betracht:

- Die Vertragsstrafe sei unwirksam (insbesondere, weil sie in AGB unwirksam vereinbart wurde).
- Die nicht rechtzeitige Ausführung sei nicht durch den Handwerker zu vertreten (weil insbesondere, der Handwerker in der ordnungsgemäßen Ausführung behindert war - muss jedoch vom Handwerker nachgewiesen werden).
- Durch eine Vielzahl von Terminänderungen durch den Auftraggeber wurde der gesamte Zeitplan derart verändert, dass die Vertragsstrafenregelung überholt ist.
- Bei Bauzeitänderungen wurde der Handwerker nicht nochmal zur rechtzeitigen Leistung vom Auftraggeber angemahnt.

Autor: Philipp Scharfenberg, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Melchers Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB; Kontakt: p.scharfenberg@melchers-law.com