Prof. Dr. Ulrike Tippe, Präsidentin der Technischen Hochschule Wildau
© Matthias Friel

Interview mit Prof. Dr. Ulrike Tippe, Präsidentin der TH Wildau"Wir müssen noch flexibler werden"

Prof. Dr. Ulrike Tippe ist seit 1. Dezember 2017 Präsidentin der Technischen Hochschule Wildau. Im DHB-Interview sagt sie, welche Ziele sie sich für die sechsjährige Amtszeit gesetzt hat.

DHB: Frau Tippe, wie waren Ihre ersten Tage als Präsidentin der Technischen Hochschule Wildau?

Ulrike Tippe: Ich habe bereits viele gute Gespräche mit Kolleginnen und  Kollegen aus den anderen Bereichen geführt. Obwohl ich schon seit 17 Jahren an der TH Wildau bin, habe ich einiges Neues erfahren. Mein Motto: Erst einmal zuhören und hinschauen. Das ist das allerwichtigste. Ich möchte zunächst Fakten sammeln und einen bestmöglichen Überblick bekommen, um eine gute Entscheidungsgrundlage für anstehende Veränderungen zu entwickeln.

DHB:  Was möchten Sie an der TH Wildau verändern?

Ulrike Tippe: Wir müssen u.a. die Hochschulkommunikation optimieren und uns im Bereich der Internationalisierung neu aufstellen. Insgesamt möchte ich, dass unsere Studienangebote flexibler werden. Wir sind in diesem Bereich verglichen mit anderen Hochschulen schon sehr gut. Luft nach oben ist dennoch vorhanden. Daneben will ich den Campus gern noch mehr als Lern- und Lebensraum gestalten. Er soll künftig mehr zum Verweilen einladen.

DHB:  Sie liegen im Speckgürtel von Berlin mit direktem S-Bahn-Anschluss. Ist das eher ein Fluch oder ein Segen, wenn man bedenkt, dass die Hauptstadt scheinbar alles und jeden magisch anzieht?

Ulrike Tippe: In der Tat befinden wir uns in Konkurrenz zu Berlin. Die Hochschulen dort werden sehr stark nachgefragt. Diese Nachfrage spüren wir in Brandenburg allerdings noch nicht im gewünschten Maße. Das gilt insbesondere für angehende Studierende aus den westlichen Bundesländern. Sie haben uns nicht auf dem Schirm. Da müssen wir uns insbesondere als TH Wildau noch deutlicher positionieren und bekannter werden.

DHB: Wie kann das ganz praktisch aussehen?

Ulrike Tippe: Wir müssen an zwei Dingen arbeiten. Wir betrachten einerseits das Marketing und andererseits unsere „Produkte“, d.h. das Studienangebot genauer Wenn Studiengänge nur schwach nachgefragt werden, können wir das nicht nur auf das Marketing schieben. Die zentrale Frage lautet: Mit welchen Studienangeboten können wir uns zukunftsfähig aufstellen? Wir müssen Bereiche identifizieren, die nur wir in Wildau bieten, sozusagen als Alleinstellungsmerkmal. Das Potenzial haben wir auf alle Fälle. Mein Ziel ist, uns in ausgewählten Nischen so flexibel aufzustellen, dass wir der Konkurrenz voraus sind. Das ist mir ein sehr großes Anliegen.

DHB: Womit punkten Sie schon heute gegenüber der Berliner Konkurrenz?

Ulrike Tippe:  Wir haben kurze Wege. Die Studierenden bauen sehr schnell persönliche Kontakte zu Professorinnen und Professoren auf. Insgesamt haben wir ein sehr gutes Betreuungsverhältnis. Das gilt besonders für unsere technischen Studiengänge mit den Laboren. Salopp gesagt, müssen bei uns nicht 50 Leute zuschauen, wie drei schrauben. Jeder darf mal ran. Darüber hinaus sind wir sehr praxisnah. Unsere Studierenden schreiben fast durchgängig ihre Abschlussarbeiten in Unternehmen, insbesondere auch aus der Region. Wenn man das alles in der Gesamtheit berücksichtigt, glaube ich schon, dass wir uns sehen lassen können.

DHB: Sie sprachen die Praxisnähe bereits an. Hochschulen müssen in gewisser Weise immer einen Spagat meistern. Auf der einen Seite die akademische Lehre und die Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs, auf der anderen Seite der zunehmende Fachkräftemangel der Wirtschaft. Wie sehen Sie das?

Ulrike Tippe: Grundsätzlich gibt es das Spannungsfeld. Wir haben als Professorinnen und Professoren die im Grundgesetz verankerte Freiheit von Forschung und Lehre und den Auftrag, die wissenschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Aber wir haben natürlich auch den Auftrag, die Leute auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Wir leben in keinem Elfenbeinturm, wir werden auch von Steuern finanziert. Daraus entsteht in gewisser Weise eine Verpflichtung, etwas der Gesellschaft zurückzugeben. Wir in Wildau bewegen uns  größtenteils im Bereich der angewandte Forschung mit vielen guten Unternehmenskontakten In diesem Zusammenhang kann es  durchaus gegenläufige Interessen geben, die wir im Blick behalten müssen.

DHB: Welche meinen Sie?

Ulrike Tippe: Das ist z.B. beim Thema Abschlussarbeiten der Fall. Es passiert häufig, dass Studierende ihre Arbeit in Unternehmen schreiben und diese uns dann so genannte Sperrklauseln auferlegen. Als Argumentation wird aufgeführt, dass viele Betriebsinterna in der Arbeit verankert sind , die nicht veröffentlicht werden dürfen. An der Stelle stehen wir in einem direkten Konflikt. Wissenschaftliches Arbeiten lebt vom Veröffentlichen, vom Teilen, vom Wissen weitergeben. Da müssen wir im Einzelfall mit dem Unternehmen einen gangbaren Weg aushandeln und beide Seiten ein bisschen mehr aufeinander hören und voneinander lernen.

DHB: Das Handwerk in Südbrandenburg sucht händeringend Nachfolger für mehr als 2.300 Unternehmen. Wären Ihre Absolventen reif dafür?

Ulrike Tippe: Das ist so pauschal schwierig zu beantworten.  Für eine Unternehmensführung braucht man fachliche und überfachliche Kompetenzen. Zu letzterem zählen u.a. Personalführung,  interne und  interkulturelle Kommunikation, Verhandlungsführung, Konfliktlösungskompetenz usw. Von den fachlichen Voraussetzungen her gesehen bin ich überzeugt, dass viele unsere Absolventinnen und Absolventen durchaus ein Unternehmen leiten könnten. Über den Erfolg entscheiden  aber auch die überfachlichen Aspekte.

Wir überlegen in diesem Zusammenhang, ob wir die Lehre vielleicht noch ein wenig interdisziplinärer gestalten können. So wäre es spannend, wenn Studierende noch mehr aus unterschiedlichen Fachbereichen in bestimmten Projekten zusammenarbeiten würden. Auf diese Weise versteht die angehende Ingenieurin bzw. der angehende Ingenieur z.B. besser, wie eine Controllerin bzw. ein Controller denkt und umgekehrt. In einem Unternehmen hat man es schließlich auch mit verschiedenen Personen aus unterschiedlichen Bereichen zu tun. Das muss geübt werden.

DHB: Das Wort „Digitalisierung“ ist seit Monaten in aller Munde. Auch das Handwerk wird sich dadurch maßgeblich verändern. Wo liegen Ihre Schwerpunkte bei diesem Thema?

Ulrike Tippe: Digitalisierung bezieht sich auf alle Bereiche der Hochschule. In der Verwaltung bedeutet es vorrangig, Prozesse zu optimieren und zu digitalisieren. Dabei handelt es sich im ein großes   Change-Projekt, das die  gesamte Organisation durchzieht. So etwas geschieht nicht auf Knopfdruck, und man muss gut kommunizieren und die Menschen mitnehmen.

Im Studium und in der Lehre stellen sich zwei ganz andere Fragen.  Zum einen haben wir durch die Digitalisierung der Lehre viel mehr Möglichkeiten, neue Zielgruppen zu erschließen und flexiblere Lernangebote anbieten. So könnte man z.B. gerade für dual Studierende bestimmte Lehrinhalte über das Internet vermitteln und so Zeit- und Wegekosten reduzieren.. Zum anderen lauten  die Kernfragen: Wie bereiten wir Studierende auf eine zunehmend digitale Welt vor? Welches Wissen brauchen sie noch? Welche Tätigkeiten kommen auf eine Ingenieurin bzw. ein  Ingenieur in der Wirtschaft 4.0 zu? Zur Beantwortung dieser Frage müssen  wir Professorinnen und Professoren  uns noch mehr  hinterfragen, wie wir die relevanten  Inhalte in der richtigen Form lehren.                    Mit Prof. Tippe sprach Michel Havasi

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Matthias Steinicke

Stabstelle Grundstücks- und Gebäudemanagement

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