Inklusion im Handwerk
HWK Cottbus

Inklusion als Chance nutzen

Die Inklusion ist eine Herausforderung aber auch eine Chance. Das wurde bei einer Landesfachtagung in der Handwerkskammer Cottbus (HWK) sehr deutlich.

Einen Einblick, wie die Integration von Menschen mit Behinderung im betrieblichen Alltag gelingen kann, zeigt die Schlieper für Landmaschinen GmbH aus Sonnewalde (Elbe-Elster).

Derzeit leben in Brandenburg rund 500.000 Menschen mit Behinderungen unterschiedlichster Ausprägungen. Das sagte Jürgen Dusel, seit Mai 2010 der Behindertenbeauftragte des Landes Brandenburg. Sie wollen wie alle anderen Menschen auch ein selbstbestimmtes Leben führen. „Sie wollen die Möglichkeit haben, ins Berufsleben einzusteigen“, so der 49-Jährige Jurist. Er selbst ist von Geburt an stark sehbehindert und zählt damit zu den lediglich neun Prozent, die ihre Behinderung in die Wiege gelegt bekommen haben. Die anderen 91 Prozent erwerben ihre Behinderungen nach Unfällen oder infolge von Krankheiten – meist, wenn sie über 18 Jahre sind. Von daher ärgert es ihn, dass die Medien das Thema Inklusion fast ausschließlich auf den Bereich Schule fokussieren.

Ausdrücklich lobte Dusel die Handwerkskammer Cottbus als „Leuchtturm in der Region“ beim Thema Inklusion. Noch bis Ende Juli läuft das Projekt „Implementierung von Inklusionskompetenz bei Kammern“, wie Projektleiter Christian Jakobitz (3.v.l.) ausführte. Ziel ist es, neue betriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Im Ausbildungsjahr 2014 haben zwölf Jugendliche mit Behinderung eine Lehre im Handwerk begonnen. Sie alle haben die Probezeit überstanden, es gab keine Kündigung. Insgesamt gibt es im Kammerbezirk derzeit 20 inklusive, betriebliche Ausbildungsverhältnisse.

Jedes Jahr gehen in Brandenburg 1.500 junge Frauen und Männer von der Schule ab, die Förderbedarf haben. In ihnen steckt großes Potenzial. Auch sie könnten ins duale System gehen, eine Ausbildung machen und so den Nachwuchsmangel etwas lindern. Es wird viel Geld aus der Ausgleichsabgabe investiert, um diese Jugendlichen in eine Ausbildung zu bringen. Bis zu 10.000 Euro gibt es zum Beispiel vom Integrationsamt für einen Ausbildungsplatz, der an einen Schwerbehinderten vergeben wird.

Die Schlieper für Landmaschinen GmbH hat dieses Potenzial für sich entdeckt. Das Unternehmen bildet zurzeit 18 junge Menschen aus, zwei davon sind Jugendliche mit Behinderungen. Einer ist hörgeschädigt und erlernt den Beruf des Mechanikers für Land- und Baumaschinentechnik. Der andere kommt von der Förderschule, ist schwer chronisch erkrankt und wird Fachkraft für Lagerlogistik. Für das überdurchschnittliche Engagement wurde das Unternehmen mit dem Ausbildungspreis des Landes Brandenburg ausgezeichnet.

„Der Mensch steht bei uns im Vordergrund“, sagte Ricarda Schlieper (2.v.r), Geschäftsführerin von Schlieper. „Wichtig ist, dass er Bock auf eine Ausbildung bei uns hat und dass die Chemie unter den Mitarbeitern stimmt.“ Anfangs gab es Vorbehalte in der Werkstatt, als es hieß, ein Behinderter arbeitet künftig mit. Ricarda Schlieper holte die Belegschaft zu einem aufklärenden Gespräch zusammen, das Thema wurde offen angesprochen und die Vorbehalte abgebaut.

Mit falschen Bildern und Vorurteilen wird auch Jürgen Dusel immer wieder konfrontiert. „Wir alle haben Bilder von Behinderten in unseren Köpfen. Diese Bilder müssten überprüft werden, ob sie überhaupt noch stimmen“, forderte er. Ebenso müsse mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden. So stimmt es etwa nicht, dass Behinderten nicht gekündigt werden kann. In 80 bis 85 Prozent der Fällen kommt es zu einer Kündigung, wenn ein Antrag gestellt wurde.

Christian Jakobitz HWK Cottbus

Christian Jakobitz

Ausbildungsberater (Inklusion)

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