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Corona-Pandemie und Berufsausbildung: Wichtige Fragen & Antworten (FAQ)

Die Maßnahmen der Regierungen im Zuge der Corona-Krise werfen viele Fragen im Detail auf. Hier kommen einige der Antworten zum Thema Berufsausbildung.

Muss der Auszubildende an den Berufsschultagen in den Betrieb, wenn die Berufsschule aus Gründen des Infektionsschutzes geschlossen hat?

Ja! In diesem Fall entfällt die Freistellungspflicht des Ausbildungsbetriebes nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 BBiG. Auszubildende sind in dieser Situation grundsätzlich verpflichtet, zur Fortsetzung der Ausbildung im Ausbildungsbetrieb zu erscheinen. Dies gilt jedoch nicht, wenn z.B. der Betrieb oder der Auszubildende selbst unter Quarantäne gestellt ist.

Hinweis: Im Hinblick auf die längerfristige Schließung der Berufsschulen sind Auszubildende verpflichtet, sich mit dem Betrieb abzustimmen, wie die Ausbildung ohne Präsenzunterricht in der Schule fortgeführt werden soll. Ausbildungsbetriebe müssen dabei die Arrangements berücksichtigen, die Berufsschulen ggfs. getroffen haben, um Auszubildende ohne Präsenz in der Berufsschule zu unterrichten (z. B. mittels digitaler Lernplattformen oder durch häusliche Lernaufträge). Sofern ein entsprechendes didaktisches Lernarrangement besteht, kann dies als Berufsschulunterricht angesehen werden. Demzufolge ist den Auszubildenden eine Teilnahme an dieser Art des Unterrichts zu ermöglichen. Hierfür sollte seitens des Betriebes eine angemessene Zeit für die Erfüllung der schulischen Lernaufträge entweder im Betrieb oder im häuslichen Umfeld zur Verfügung stehen.



Müssen Lernaufgaben der Berufsschule vom Auszubildenden im Betrieb erledigt werden?

Für den Fall, dass die Berufsschule den Auszubildenden Lernaufgaben gibt, ist den Auszubildenden Lernzeit im Umfang des bisherigen Berufsschulunterrichtes einzuräumen. Ob die Aufgaben im Betrieb erledigt werden oder der Auszubildende verpflichtet ist, sich den Lernstoff zu Hause aber unter Anrechnung auf die betriebliche Ausbildungszeit anzueignen, entscheidet der Betrieb.

Wichtig: Der Auszubildende muss das Ausbildungsnachweisheft in dieser Zeit weiterführen und die ggf. erledigten Aufgaben sollten dem Ausbilder zur Unterschrift und Kontrolle vorgelegt werden.

 

Finden überbetriebliche Lehrgänge statt?

Nein! Derzeit finden in den Bildungszentren keine überbetrieblichen Lehrgänge statt. Auch für diese Zeiten gilt für die Auszubildenden die Anwesenheitspflicht im Ausbildungsbetrieb, sofern weder für sie noch für den Betrieb eine Quarantäne angeordnet wurde. Hat der Ausbildungsbetrieb bereits anderweitige Vorkehrungen für seine Mitarbeiter und Auszubildenden getroffen, gelten diese.



Kann der Betrieb anordnen, dass die Auszubildenden auf Grund der aktuellen Situation Urlaub nehmen müssen?

Nein! Auszubildende können nicht durch eine einseitige Anordnung des Ausbildungsbetriebes pauschal in einen “Zwangsurlaub” geschickt werden.



Kann der Betrieb Azubis freistellen?

Nein! Eine Freistellung von der Ausbildung verstößt immer – unabhängig davon, ob diese bezahlt oder unbezahlt erfolgt – gegen die Verpflichtung Ausbildender zur Vermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit (§ 14 Absatz 1 Nr. 1 BBiG).

Wichtig: Eine Freistellung ist nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen möglich. Eine schlechte Auftragslage oder gar ein behördliches Verbot, die Ausbildungsstätte weiter zu betreiben, gehören nicht zu diesen Fällen.

Hintergrund: Auszubildende sind keine Arbeitnehmer und schulden daher nach dem Ausbildungsvertrag nicht ihre Arbeitskraft, sondern ihre Bereitschaft zum Erlernen der beruflichen Handlungsfähigkeit.

 

Was gilt, wenn der Ausbildungsbetrieb trotz des zuvor Gesagten freistellt?

Stellen Ausbildungsbetriebe Azubis dennoch von der Ausbildung frei und entstehen diesen dadurch finanzielle Nachteile oder Lücken in der Ausbildung, welche zur Nichtzulassung zur Abschlussprüfung oder zum Nichtbestehen der Abschlussprüfung führen, sind Ausbildende im Einzelfall schadenersatzpflichtig.

 

Darf ich für meinen Lehrling Kurzarbeit veranlassen?

Die rechtliche Ausgangslage sieht zwar so aus, dass die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld (KUG) für Auszubildende nicht gänzlich ausgeschlossen ist, da für sie eine Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung besteht und auch Beiträge entrichtet werden. Allerdings ist Kurzarbeit bei Auszubildenden die absolute Ausnahme, weil für sie ein besonderer Schutz gilt.

So werden Auszubildende in Bezug auf KUG nicht wie sozialversicherungspflichtig Beschäftigte behandelt. Daher werden Azubis insbesondere bei der Prüfung der Berechtigung auf KUG, die u.a. eine betriebliche Betroffenheit voraussetzt, nicht mitgezählt. Dies wird wohl auch bei der derzeitigen Sonderform des KUGs im Zuge der Corona-Krise so bleiben.

Wichtig: Der Ausbildungsbetrieb ist dazu verpflichtet, alle Mittel auszuschöpfen, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten. Hierbei hat er beispielsweise folgende Möglichkeiten:

  • Umstellung des Ausbildungsplans durch Vorziehen anderer Lerninhalte
  • Versetzung in eine andere Abteilung
  • Durchführung besonderer Ausbildungsveranstaltungen

Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann Kurzarbeit auch für Auszubildende in Frage kommen. Diese Option ist äußerst restriktiv zu handhaben. Sollte Auszubildenden gegenüber Kurzarbeit angeordnet werden, haben sie einen Anspruch auf Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung für mindestens sechs Wochen (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Abweichend von der gesetzlichen Mindestdauer können Ausbildungs- und Tarifverträge längere Fristen vorsehen. Dies ist im Einzelfall genau zu prüfen.



Kann dem Auszubildenden durch Kurzarbeit im Ausbildungsbetrieb gekündigt werden?

Kurzarbeit an sich kann grundsätzlich keine Kündigung der Auszubildenden durch den betroffenen Ausbildungsbetrieb rechtfertigen.

Aber: Eine Ausnahme besteht, wenn der Ausbildungsbetrieb für längere Zeit vollständig zum Erliegen kommt. Wenn auf Grund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten eines Ausbildungsbetriebes insbesondere kein Ausbildungspersonal mehr vorhanden ist und in der Ausbildungsstätte die berufliche Handlungsfähigkeit nicht mehr vermittelt werden kann bzw. diese sogar endgültig geschlossen wird oder keine Ausbildungsvergütung mehr gezahlt werden kann, ist eine Kündigung möglich. Die Ausbilder sind aber dazu verpflichtet, sich mit der zuständigen Agentur für Arbeit rechtzeitig um einen anderen Ausbildungsbetrieb für den Auszubildenden zu bemühen.



Kann für den Ausbilder Kurzarbeit angeordnet werden?

Grundsätzlich ja. Aber: Kurzarbeit kommt in Betrieben ohne Betriebsrat allerdings nur in Frage, soweit dies einzelvertraglich vereinbart ist oder ein einschlägiger Tarifvertrag diesbezügliche Regelungen enthält. Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, muss die Anordnung in Abstimmung mit dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz erfolgen.

Wichtig: Bei Ausbildern sollte Kurzarbeit nur in Ausnahmefällen zum Zuge kommen, da der Betrieb gewährleisten muss, dass der Ausbilder weiterhin seiner Ausbildungspflicht gegenüber dem Azubi nachkommt. Werden die Auszubildenden mangelhaft oder gar nicht ausgebildet, kann ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Ausbildungsbetrieb entstehen.

Finden Gesellen- und Abschlussprüfungen statt?

Aufgrund der aktuellen Corona-Krise finden derzeit keine Gesellen- und Abschlussprüfungen statt. Der Schutz und die Gesundheit aller am prüfungsgeschehen beteiligten Personen hat oberste Priorität.

Hinweis: Über Nachholtermine informieren die Prüfungsausschüsse so schnell wie möglich. Wir bitten Sie von Einzelanfragen abzusehen.

Hier geht es zu den FAQ Prüfungen.



Einstiegsqualifizierung

Im Hinblick auf Verträge über eine Einstiegsqualifizierung ist gegenwärtig eine Dauer von mindestens 6 bis maximal 12 Monaten Voraussetzung für eine Förderung durch die Agentur für Arbeit. Aufgrund von (vorrübergehenden) Betriebsschließungen im Zuge der Corona-Krise stellen sich insbesondere folgende Fragen:

Können Verträge über Einstiegsqualifizierungen (EQ-Vertrag) für den Zeitraum der Betriebsschließung unterbrochen werden bzw. kann die Förderung auch in diesem Fall fortgesetzt werden?

Die Fortsetzung einer Einstiegsqualifizierung nach einer „Pause“ anlässlich einer Betriebsschließung ist möglich. Die Agentur für Arbeit kann jedoch die Einstiegsqualifizierungsvergütung nur solange erstatten, wie der Betrieb diese zahlt bzw. zahlen muss. Das bedeutet: Eine Zahlung über das ursprünglich vorgesehene Ende des EQ-Vertrages hinaus (max. 12 Monate) kommt nicht in Betracht.

Wie verhält es sich, wenn der EQ-Vertrag auf Grund der aktuellen Situation durch Kündigung beendet wird?

Wird der EQ- Vertrag durch Kündigung beendet und gerade nicht nur eine „Pause“ eingelegt, ist der Abschluss eines neuen EQ-Vertrages in demselben Betrieb nicht mehr förderfähig.

Ansprechpartner:

Frank-Holger Jäger HWK Cottbus

Frank-Holger Jäger

Passgenaue Besetzung

Telefon 0355 7835-170

Telefax 0355 7835-284

jaeger--at--hwk-cottbus.de



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Anne Kathrin Selka Juristin HWK Cottbus

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